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Kontext
Aufgrund seiner geographischen Besonderheiten ist im Allgäu die lebendige Verbindung zur Landschaft Teil einer Lebens- und Kulturform. Diese ist scheinbar rapide am Verschwinden, unter anderem, weil sich die Brauchtumskultur zunehmend zu Schaubräuchen mit touristischem Hintergrund entwickelt. Aber auch die steigende Flächenversiegelung und der Ausbau der touristischen Infrastruktur, der Wandel in der Landwirtschaft und geänderte Lebensbedingungen aufgrund von Wetter- und Klimawandel zeigen ihre Spuren. Um die besondere Kulturgeschichte, Geologie und Biodiversität ihrer Landschaft hervorzuheben und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, haben viele Kommunen über die Jahre ortsspezifische Wander- und Kulturwege erschlossen: Sei es der Moorweg, der eine besondere Klimalandschaft erfahrbar macht, der Streuwiesenpfad, der eine Kulturlandschaft verewigt, die heute am Verschwinden ist, oder der Glasmacherweg, der im Kontext der frühen Glasmacher den Raubbau an der Natur und die dadurch hervorgerufenen Veränderungen der Waldlandschaft offenbart.
Die lokalen, themenbezogenen Wanderwege sind ein Versuch, die Menschen wie durch Adern hinein in die Landschaft und zu dem darin verborgenen, kulturellen aber auch biologischen Gedächtnis zu transportieren.
Doch nicht nur auf Themenwegen, sondern auch an diversen anderen Natur-Orten des Allgäus kann dieses Gedächtnis in der Landschaft existent sein.
Um das verborgene Wissen in der Natur wieder sichtbar zu machen, laden wir Künstler:innen aus der Region dazu ein, sich auf die Suche zu machen nach einem für sie relevanten Gedankengut oder Wissen, das in einem bestimmten allgäuerischen Landschaftsareal, Wander- oder Themenweg steckt.
Die Methoden der künstlerischen Spurensicherung sind wie die Flüsse, die das kostbare Wissen aus Natur, Kultur und Tradition als digitale Narrative wieder zurück in den urbanen Alltag transportieren.
Gerade in Zeiten der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig das Erleben der Natur und das Hineinfühlen in die Landschaften für die Menschen geworden ist. Das Phänomen des ‚re-connecting nature / zurück zur Natur‘ manifestiert sich in allen Lebens- und Kulturbereichen.
Kuratorisches Konzept
Wir laden drei Künstler:innen bzw. Künstlerkollektive aus der Region Allgäu ein, das mit dieser Kulturlandschaft verwobene traditionelle Wissen entlang eines selbst ausgewählten Allgäuer Themen- bzw. Wanderwegs oder eines anderen Natur-Ortes zu erforschen und zu erfahren und daraus ein Natur-Daten Kunstprojekt zu entwickeln.
In drei aufeinanderfolgenden Phasen sollen die künstlerischen Ideen in einem partizipativen Prozess generiert werden:
Auf Natur-Daten Exkursionen werden relevante Daten und Geschichten gesammelt, die einem Natur-Daten Lab ausgewertet und visualisiert und als Natur-Daten Projekt in Form eines eigenständiges Kunstwerks |Installation | Intervention während der KunstNacht Kempten 2022 einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden.
Kuratorische Fragen können beinhalten:
Welche traditionellen Geschichten, Geologien, Ökosphären, Musik vermitteln etwas von der Beziehung, die wir mit der Landschaft eingehen?
Wie könnte sich dieses ortsbezogene, mit der Landschaft verwobene Wissen mit digitalen und analogen Technologien erfassen und vermessen lassen und in einem Natur-Daten Kunstprojekt darstellen?
Wie könnte sich daraus ein digital-künstlerisches Szenario | Intervention | Installation | Performance von gesellschaftlicher Relevanz entwickeln lassen, die/das während der KunstNacht in Kempten gezeigt werden kann und dabei einen Bezug zur Kulturlandschaft des Allgäus herstellt?
Wie kann das Natur-Daten Kunstprojekt zwischen ländlichen und urbanen Räumen bzw. zwischen Kultur- und Datenlandschaften vermitteln?
Welche Methoden der Spurensicherung sind erforderlich, um das Natur-Daten-Kunstwerk zu entwickeln?
Ein Natur-Daten Kunstprojekt kann folgende Formate beinhalten: Digital-Narrative mit audio-visuellem Projektions-Mapping, Interaktive Projektionen, Urbane digital-künstlerische Interventionen, Soundscapes und Field Recordings, Sensorik und (Echtzeit) Datenvisualisierung, Citizen Science Projekte, VR, XR, AR Projekte, Performances, Tanz, Spoken Word, Lettering, Film.
Wenn Sie noch keine Erfahrung mit den eben genannten künstlerischen Techniken haben, stellt dies keinen Ausschlussgrund für das Bewerbungsverfahren dar; bitte vermerken Sie dies im Bewerbungstext.
Analog arbeitenden Künstler:innen (z. B. Fotograf:in, Maler:in, bildende Künstler:in, …), die gerne am Projekt teilnehmen möchten und eine einschlägige Kunstprojekt-Idee im Bewerbungsschreiben einreichen, soll über ein Coaching bzw. Peer-to-Peer-Patenschaften durch digital-wissenschaftliche Expert:innen, IT-Expert:innen das Handwerkszeug für digitale / analog-digitale Kunstwerke an die Hand gegeben werden (siehe Vermittlungsprogramm).
Bitte bedenken Sie bei der Entwicklung und Einreichung Ihrer Projektidee, wie eine qualitative Umsetzung unter möglicherweise weiterhin bestehenden Einschränkungen der Corona-Pandemie erfolgen kann.
Honorar und Bewerbungskriterien
Die von einer Fachjuryausgewählten Natur-Daten Kunstprojekte müssen einen inhaltlichen Bezug zur Region Allgäu haben und sich ortsspezifisch auf einen Themen- bzw. Wanderweg bzw. einen Natur-Ort der eigenen Wahl beziehen.
Die Künstler:innen erhalten für die inhaltliche Konzeption eines Natur-Daten Kunstprojekts, sowie der Realisierung in den aufeinanderfolgenden Phasen: Ideathon (Auftaktveranstaltung), Natur-Daten Exkursion, Natur-Daten Lab, mobiles Kunst-Lab und Präsentation während der KunstNacht Kempten ein Budget von brutto 8.000 Euro. Künstlerische Leistung (Honorar) sowie die Umsetzung der Arbeit inkl. Material-, Organisations-, Fahrt- und Transportkosten (inkl. aller Steuern) müssen in dem Budget enthalten sein.
Vermittlungsprogramm und regionale Netzwerkbildung
Kultur-Botschafter:innen & Peer-to-Peer-Patenschaften
Die große Herausforderung des Natur-Daten Kunstprojekts wird es sein, zwischen den unterschiedlichen Wissens- und Kulturwelten zu vermitteln. Hierfür werden wir das Vermittlungsprogramm der Kultur-Botschafter:innen bestehend aus drei Expert:innen für lokales Wissen, das sich in Tradition, Bräuchen, Kulturlandschaft, Biodiversität, Geschichte und Ritualen der Region manifestiert und drei Expert:innen aus dem digital-wissenschaftlichen Sektor initiieren. Diese Peer-to-Peer Patenschaften gewährleisten einen Wissenstransfer zwischen den lokal gelebten und digitalen Kulturen und unterstützen die Künstler:innen-Teams bei der Recherche und Umsetzung.
Mobile Kunst-Labs
Das Mobile Kunst-Lab besucht im monatlichen Turnus während der Sommermonate die Künstler:innen in ihren Studios und Ateliers und möchte die Kulturschaffenden der Region vernetzen und den Austausch von Strategien für die Kulturproduktion von analog-digitalen Kunstprojekten in ländlichen und urbanen Kulturräumen ermöglichen.
Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie am Programm der 6 Mobilen Kunst-Labs mitmachen möchten. Sie würden dann Ihr Atelier / Studio / Partnerinstitution für drei Stunden öffnen und ca. 10-15 an Kunst und Kultur Interessierte einladen, Ihre künstlerische Arbeit kennenzulernen. Sie können auch an dem Programm der Mobilen Kunst-Labs teilnehmen, wenn Ihre Projektidee nicht ausgewählt wird.
Bewerbung und Kontakt
Mit der Bewerbung, die bis zum Abgabetermin Montag, den 18. April 2022 vorliegen muss (es gilt das Datum des E-Mail-Eingangs oder der Poststempel), sind folgende Unterlagen entsprechend der nachfolgenden Checkliste (vorrangig digital, zusammengefasst als PDF mit einer max. Dateigröße von 4 MB) oder per Post im Kulturamt Kempten, Memminger Straße 5, 87439 Kempten (Allgäu) einzureichen:
- Bewerbungsformular
- Datenschutzerklärung
- Bewerbungsschreiben (siehe Bewerbungsfragen) für das Natur-Daten Kunstprojekt in der Intelligenten Landschaft der Region Allgäu, mit gesondert dargestellter Projektskizze (max. 500 Wörter; Beschreibung der Idee des künstlerischen-digitalen Projektes, das durchgeführt werden möchte – mit der Projektidee müssen das Thema, die Umsetzung und der ungefähre Ablauf des Projektes benannt werden. Das Projekt muss innerhalb des Finanzrahmens von brutto 8000 Euro realisierbar sein)
- Curriculum Vitae (max. 1 Seite)
- Nachweise von 2-3 künstlerischen Referenzprojekten (kurzes Portfolio, max. Dateigröße darf nicht überschritten werden (s. o.)
Bei Bedarf und unter Voranmeldung können die Bewerbungsunterlagen auch analog angefordert werden. Hierzu bitte eine E-Mail an intelligente-landschaften@kempten.de senden.
Kontakt: Jeanine Bravo & Susan Funk | Kulturamt Kempten │ Memminger Straße 5 │ 87439 Kempten (Allgäu) │intelligente-landschaften@kempten.de
Das Projekt „Intelligente Landschaften. Künstlerisch-digitale Spurensicherung im Kulturraum Allgäu“ wird entwickelt im Rahmen von „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR.
Das Programm wird unter der künstlerischen Leitung von der Kuratorin Susa Pop, Public Art Lab, und der Nature Writing Schriftstellerin Michaela Vieser kuratiert und gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Kempten (Allgäu) von Januar bis Dezember 2022 umgesetzt.
Bewerbungsfragen
1. Projektidee
Bitte beschreiben Sie Ihre Projektidee (ca. 500 Wörter).
2. Welche Ressourcen benötigen Sie bei der künstlerischen Produktion des Natur-Daten Kunstprojekts? Bitte skizzieren Sie kurz, wie Sie sich eine mögliche Umsetzung vorstellen (ca. 150 Wörter).
3. Motivation
Was motiviert Sie, eine Idee für das Programm der Intelligenten Landschaften zu entwickeln (ca. 200 Wörter)?
4. Welchen Themen- bzw. Wanderweg oder welchen Natur-Ort möchten Sie besuchen und wie steht er in Bezug zu Ihrer Projektidee und Ihrer künstlerischen Arbeit (ca. 300 Wörter)?
5. Welche Form der künstlerischen Spurensicherung möchten Sie bei der Exkursion anwenden
(ca. 200 Wörter)?
6. Wie und wo würden Sie gern Ihr Natur-Daten Kunstprojekt während der KunstNacht Kempten präsentieren wollen?